Prajwol Tamang aus Nepal startet seine Ausbildung im Landratsamt: Warum er das macht und wie er die Zeit hier erlebt
Ein Mann aus Nepal startet seine Ausbildung im Landratsamt Würzburg. Dort arbeiten Kolleginnen und Kollegen aus 14 Nationen. Jetzt kommt mit Nepal die 15. Nation dazu. Prajwol Tamang unterstützt seit September das Team des Fachbereichs Informationstechnologie und Digitalisierung. Drei Jahre lang lässt er sich dort ausbilden.
Und wie ist sein Fazit bis jetzt? „Natürlich ist es eine große Herausforderung, gerade am Anfang. Aber die Arbeit macht mir Spaß, die Kollegen sind hilfsbereit und alles ist für mich jetzt Alltag geworden“, sagt Tamang, der aus Katmandu kommt und erst seit zwei Monaten in Deutschland lebt.
Arbeitsplätze sind in Nepal Mangelware…
Die Berufsbildungsinitiative Nepal Secretariat of Skills and Training (NSST) bereitet junge Menschen in Nepal auf eine Ausbildung in Deutschland vor und bringt sie mit Unternehmen – und eben auch mit Behörden zusammen. Das NSST wurde 2021 mit Unterstützung der deutschen Botschaft in Katmandu und der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit gegründet.
Ausbildungs- und Arbeitsplätze seien in Nepal Mangelware. Junge Menschen hätten deshalb oftmals keine Chance, einen Beruf zu erlernen. Das bestätigt auch Prajwol Tamang. In Katmandu gebe es wenig Arbeit, aber viele Bewerber. Die Möglichkeiten, dort einen Job zu bekommen, seien deswegen sehr unwahrscheinlich.
… und Auszubildende in Deutschland verzweifelt gesucht
Im Gegensatz dazu suchen deutsche Betriebe und Behörden händeringend nach Auszubildenden – gerade in IT-Berufen. Auch für das Landratsamt Würzburg ist die Suche nach Auszubildenden in den vergangenen Jahren schwieriger geworden. „Wir sind deswegen mit dem NSST in Kontakt getreten, um die Organisation kennenzulernen und abzuklären, ob eine Kooperation möglich ist.
Denn im besten Fall ist es eine Win-Win-Situation, von der beide Seiten profitieren. Und das hat sehr gut geklappt“, zeigt sich Rico Neubert, Leiter des Fachbereichs Regionalmanagement, Kreisentwicklung und Wirtschaftsförderung, zufrieden. Er hat das Projekt in die Wege geleitet.
Bewerbungsgespräch mit 6.500 Kilometern Abstand
Doch wie laufen Auswahlverfahren und Bewerbungsgespräche ab, wenn ein Bewerber 6.500 Kilometer entfernt in Nepal sitzt? „Das funktionierte reibungslos und natürlich digital. Dabei konnten wir Prajwol bereits kennenlernen und erste Schritte mit ihm besprechen. Der erste, frühzeitige Kontakt war auch uns wichtig, damit er ein Bild von seinen zukünftigen Kolleginnen und Kollegen bekommt. Das nimmt etwas die Aufregung für solch einen großen Schritt, den er gewagt hat“, erinnert sich Anna-Lena Rushiti, Ausbildungsleiterin am Landratsamt.
„Deutsch ist schon nicht einfach“
Die Bewerber aus Nepal werden ein Jahr lang auf ihren Einsatz in Deutschland vorbereitet, sprechen dank intensiver Kurse die deutsche Sprache und sind mit der Kultur und den Lebensbedingungen hier vertraut. „Deutsch ist schon nicht einfach, besonders mit den Dialekten“, sagt Tamang. Selbst in seiner WG, die er mit anderen Nepalesen bewohnt, übt er weiter fleißig Deutsch. Dank seiner Mitbewohner aus der Heimat habe er bis jetzt kein Heimweh.
„Wir wussten zu Beginn natürlich nicht, ob dieser neue Ansatz der Fachkräfte-Akquise funktioniert. Doch wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Wir sehen an diesem Beispiel, dass es sich lohnt, neue Ansätze zu verfolgen, um Lücken in der herausfordernden Suche nach Mitarbeitenden bestmöglich zu füllen. Mit Herrn Tamang haben wir einen tollen Mitarbeiter gewonnen, der uns tatkräftig unterstützt“, zeigt sich Landrat Thomas Eberth zufrieden.
Nach der Arbeit kann sich der junge Mann aus Nepal dank seiner zahlreichen Hobbies gut entspannen. Er schneidet gerne Videos, interessiert sich für Grafikdesign und geht gerne wandern. Auch das steht hier auf dem Plan. „Denn die Region ist ja landschaftlich besonders schön“, sagt er lachend.