Wenn das Geld trotz Vollzeitjob nicht reicht

Angst vor finanziellem Abstieg: Wenn das Geld trotz Vollzeitjob nicht reicht – 14.000 Menschen in der Region Würzburg haben einen Nebenjob

Weil Heizung, Strom und Bäcker immer teurer werden: Jeder Dritte muss einen Nebenjob annehmen – 14.000 Menschen in Stadt und Landkreis Würzburg haben bereits jetzt zwei Jobs

„Ich habe zwar einen Job, aber es reicht hinten und vorne nicht“, sagt Ursula K. Die 63-Jährige aus der Region Würzburg ist geschieden und hat drei erwachsene Kinder, die sie weitestgehend alleine großgezogen hat. „Ich muss Miete bezahlen, Strom, Sprit – und dann ist auch schon Schluss mit lustig“, erklärt sie ihre Situation. Regelmäßige Friseurbesuche seien nicht drin, geschweige denn Essen gehen oder mal ein Kinobesuch. Die Konsequenz: Sie muss sich einen Nebenjob suchen – denn auch die Rente, die sie in ein paar Jahren beziehen wird, reicht nicht aus.

Einer aktuellen Umfrage zufolge rechnet ein Drittel der Deutschen damit, wegen der extrem gestiegenen Preise einen Nebenjob annehmen zu müssen. In der Gruppe der unter 55-Jährigen hält es demnach sogar etwa jeder Zweite für wahrscheinlich, dass ein Nebenverdienst notwendig werden wird, um die persönliche Finanzlage aufzubessern – oder um einfach nur weiter über die Runden zu kommen. Die Erhebung der Wirtschaftsauskunftei Crif wurde bereits im Juli durchgeführt – also noch bevor die allgemeine Teuerungsrate in Deutschland die Zehn-Prozent-Marke überschritt.

Preise steigen so schnell wie seit 70 Jahren nicht

Vor allem die Preise für Energie und Lebensmittel haben in den vergangenen Monaten extrem angezogen. Im Oktober lagen die Verbraucherpreise in Deutschland vorläufigen amtlichen Angaben zufolge um 10,4 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats – das ist der höchste Wert seit etwa 70 Jahren.

Zum Zeitpunkt der Crif-Erhebung im Juli äußerte sich die große Mehrheit der 1.000 repräsentativ befragten Erwachsenen in Deutschland den Angaben zufolge zwar zuversichtlich, auch in Zukunft laufende Rechnungen (82 Prozent) und beispielsweise Mietzahlungen (92 Prozent) bedienen zu können. Doch schon im Sommer befürchtete ein Drittel der Menschen (33 Prozent), dass sich ihr Lebensstandard in den nächsten zwölf Monaten verschlechtern wird.

Region Würzburg: 14.000 haben mittlerweile zwei Jobs

Auf Anfrage dieser Zeitung berichtet die Agentur für Arbeit, das in Stadt und Landkreis Würzburg über 14.000 Erwerbstätige einer geringfügigen Beschäftigung als Nebenjob nachgehen – zusätzlich zu  einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in Voll- oder Teilzeit. Für die Stadt meldet die Agentur einen Anstieg dieser Nebenjobs um fast 12 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Petition: Schulessen wegen Preisexplosion kostenlos?

Mehr als 24.000 Menschen haben bisher eine Petition für kostenloses Schulessen in Deutschland unterschrieben. Das teilt das Deutsche Netzwerk Schulverpflegung (DNSV) mit, das die an Bundesjugendministerin Lisa Paus gerichtete Petition ins Leben gerufen hat.

Eine kostenfreie tägliche warme Mittagsmahlzeit für alle Schüler und Schülerinnen solle als Grundrecht in einem Bundesgesetz verankert werden, fordert das DNSV in der Petition. „In Deutschland muss jedes Kind die gleichen Chancen auf eine gesunde Entwicklung und Bildung erhalten“, heißt es.

Wegen der derzeitigen Kostensteigerungen würden auch die Preise für Mittagessen in Schulkantinen steigen. „Es darf nicht dazu kommen, dass bis zu 10 Euro pro Mahlzeit gezahlt werden müssen.“ Dies führe dazu, dass Eltern die tägliche Mahlzeit abbestellen – und es sei für die Essenslieferanten existenzbedrohend. (dpa/pow/red)

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