Mehr Frauennamen im Würzburger Straßenbild

Neue Elli-Michler-Straße (v.l.): Oberbürgermeister Christian Schuchardt, Barbara und Johannes Michler. Foto Claudia Lother

Aufarbeitung der NS-Vergangenheit: Weitere Straßen umbenannt

Die Stadt Würzburg hat in der letzten Woche drei Straßen umbenannt: In der Heidingsfelder Lehmgrubensiedlung wurde aus der Nikolaus-Fey-Straße die Elli-Michler-Straße. Im Frauenland benannte die Schadewitz- in Rosa-Buchbinder-Straße und in der Sanderau der Heiner-Dikreiter-Weg in Milly-Marbe-Fries-Weg um.

Für die Würzburger Straßen dienten überwiegend Männer als Namenspaten. Mit der bewussten Entscheidung für Frauen will die Stadt „einen Schritt zur Gleichstellung“ machen.

Elli Michler – Eine Würzburger Lyrikerin, die international bekannt wurde

„Die Benennung der Straße nach Elli Michler fiel uns leicht“, betonte Oberbürgermeister Christian Schuchardt bei der Umbenennung der Nikolaus-Fey-Straße. Schuchardts Rückblick auf ihr Leben und Wirken würdigte Elli Michler, die am 12. Februar 100 Jahre alt geworden wäre. Mit großer Freude nahm Tochter Barbara Michler diese Auszeichnung entgegen. Elli Michler sei in vielen Jahren zu vielen Lesungen eingeladen worden und hätte die Bedeutung ihrer Gedichte im Leben der Menschen erfahren. „Dass nun aber eine Straße nach meiner Mutter benannt wird, hatte ich nicht erwartet“, freute sich Michler.

Mit Elli Michler (geboren 1923 Würzburg, verstorben 2014 in Heilbronn) gedenkt Würzburg einer gebürtigen Würzburger Lyrikerin, die ihr Werk zeitlosen Themen im „Dienst der Lebenshilfe“ widmete, wie sie selbst sagte. Ihr Gedicht „Ich wünsche Dir Zeit“ verschaffte ihr internationale Bekanntheit. 2004 waren über 275.000 Exemplare ihrer Bücher verkauft. 2010 wurde Elli Michler mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

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OB Schuchardt enthüllt das Straßenschild „Rosa-Buchbinder-Straße“.

Frauenland: Aus Schadewitz wird Rosa Buchbinder

Die Schadewitz-Straße heißt nun Rosa-Buchbinder-Straße. Die Umbenennung wurde von zahlreichen Anwohnern begleitet, Dirk Terwey, der geschäftsführende Direktor des Mainfranken Theaters, erwies der Harfenistin ebenfalls die Ehre. „Rosa Buchbinders Biografie zeigt exemplarisch die zerstörerischen Folgen, die Antisemitismus, Rassismus, jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit für die Betroffenen haben“, mahnt Schuchardt.

Geboren als Tochter eines Orchestermusikers des Stadttheaters Würzburg, erhielt Rosa Buchbinder eine musikalische Ausbildung und ein Engagement am Stadttheater Würzburg als Harfenistin. 1929 wechselte sie als Harfenistin an das Stadttheater Nürnberg. 1933 wurde Rosa aufgrund ihrer Herkunft aus einer jüdischen Familie entlassen. 1937 emigrierte sie mit Mutter und Schwester Elsa in die USA. Ihre Schwester Hilde gehörte im September 1940 zu den frühen Opfern der NS-Krankenmorde.

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Der Milly-Marbe-Fries-Weg löst den Heiner-Dikreiter-Weg ab, der am Vereinsgelände des Modell-Sport-Club-Würzburg e.V. vorbeiführt. Vereinsmitglieder waren bei der Benennung des Weges zugegen, ebenso wie Prof. Armin Stock (links neben Schuchardt), Leiter des Zentrums für Geschichte der Psychologie an der Würzburger Julius-Maximilians-Universität, der an Karl Marbe forscht.

Straßen umbenannt: Milly-Marbe-Fries-Weg in der Sanderau

Die Würzburger Bildnis-, Blumen- und Landschaftsmalerin Milly Marbe-Fries (verstorben 1947 in Würzburg) galt in der NS-Zeit als „Halbjüdin“. Drei ihrer Cousinen mussten ins Ausland emigrieren, eine fiel der Shoa zum Opfer. „Die Nationalsozialisten wollten sie in ihrem Rassenwahn aus dem öffentlichen Bewusstsein eliminieren“, so Schuchardt. Marbe-Fries, zeitweise Schülerin des Städel-Instituts in Frankfurt, heiratete 1908 den Psychologieprofessor Karl Marbe und zog 1910 mit ihm nach Würzburg.

Hier schuf sie zahlreiche Kunstwerke, zumeist Stillleben, Landschafts- und Porträtbilder, womit sie sich in der Weimarer Republik einen Namen machte. Ab 1932 bewohnte das Ehepaar die von ihnen errichtete „Villa Marbe“ im Judenbühlweg. 1935 übergab der NS-Oberbürgermeister von Würzburg Theodor Memmel noch ein Bild von Marbe-Fries zur Ausstattung des neuen Motorschiffs „Würzburg“, doch öffentlich ausstellen durfte sie ihre Bilder nicht mehr. Nach dem Krieg gehörte sie zu den ersten, deren Werke wieder in Unterfranken gezeigt werden konnten. Eine Reihe ihrer Bilder befindet sich heute im Museum im Kulturspeicher.

Im Oktober 2022 beschloss der Stadtrat nach einer intensiven öffentlichen Diskussion die Neubenennung von vier Straßen im Stadtgebiet. Die Umbenennung der Hermann-Zilcher-Straße in Theresia-Winterstein-Straße fand bereits im März statt.

  • Bereits im letzten Jahr wurden mehrere Straßen in Würzburg umbenannt. Mehr dazu hier.

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