Würzburg (dpa/lby) – Mit schwarz bemaltem Gesicht hetzten sie beim Würzburger Faschingszug gegen Flüchtlinge: Drei Männer und eine Frau aus Unter- und Oberfranken wurden am Dienstag wegen „gemeinschaftlicher Volksverhetzung“ verurteilt. Das Würzburger Landgericht bestätigte damit im Berufungsprozess im Wesentlichen die Entscheidung der ersten Instanz.
Im Prozess abgespielte Fernsehaufnahmen zeigten, wie sich die Angeklagten im Alter zwischen 28 und 61 Jahren vor drei Jahren nahe dem Würzburger Dom in den Faschingszug einreihten. Die Gruppe präsentierte ein Banner mit der Aufschrift „Wir wissen genau, abschieben wird uns keine Sau!“. Drei von ihnen hatten ihr Gesicht schwarz bemalt und jamaikanische Rasta-Mützen aufgesetzt. In den Videos sind Schmährufe wie „Syria, Syria, Ficki, Ficki“ zu hören.
Angeklagte zeigen keinerlei Reue
Die Angeklagten, die in der Verhandlung selbstbewusst auftraten und keinerlei Reue zeigten, behaupteten, die Aktion sei aus der Situation heraus entstanden – quasi reiner Zufall. Sie verwiesen auf die Narrenfreiheit an Fasching und versuchten so einen Freispruch zu erwirken. Es habe sich lediglich um eine „politische Parodie und keine menschenverachtende, volksverhetzende Aktion“ gehandelt, sagte einer der Männer. Die Aktion sei als Kritik an der Flüchtlingspolitik zu verstehen.
Chatverläufe erhärteten jedoch den Verdacht, dass sich die Gruppe verabredet hat. Videos der Aktion wurden auf digitalen Kanälen der Kleinstpartei Der Dritte Weg veröffentlicht. Polizeibeamte, die als Zeugen vernommen wurden, bestätigten die Nähe der Angeklagten zur rechtsextremen Szene.
„Fasching ist bunt und vielfältig“
Oberstaatsanwalt Dieter Brunner verwies in seinem Plädoyer auf die Grenzen der Meinungsfreiheit. Die Aktion, mit der Asylbewerber – insbesondere Syrer – als Sexualstraftäter angeprangert werden sollten, diente laut Anklage dazu, die Bevölkerung zum Hass gegen vermeintlich Fremde aufzustacheln. Der Präsident des Fastnacht-Verbands Franken begrüßte das Urteil. „Fasching ist bunt und vielfältig, offen und frei“, betonte Marco Anderlik. Fremdenfeindlichkeit habe im Karneval keinen Platz.
„Wir sind überzeugt, dass Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich gemacht und beschimpft wurden“, führte die Vorsitzende Richterin Susanne Krischker in der Urteilsbegründung aus. Die Aktion sei ein „Angriff auf die Menschenwürde“. „Die Meinungsfreiheit hat da ihre Grenzen, wo es strafbar wird. Auch ein Anstrich als Satire kann das nicht kaschieren.“
Für die Juristin ist zweifelsfrei erwiesen, dass die Aktion vorab geplant war. Die Angeklagten seien gemeinsam vor großem Publikum aufgetreten, und keiner habe sich vor Ort distanziert. „Was einer tut, ist allen zuzurechnen“, sagt Krischker. Dass die Gruppe explizit zum Hass aufgestachelt hat – die zweite Variante des Volksverhetzungs-Paragrafen – konnte im Prozess dagegen nicht nachgewiesen werden.
Das Gericht sah davon ab, eine Freiheitsstrafe von vier Monaten zu verhängen, und verurteilte die Angeklagten stattdessen zu Geldstrafen zwischen 3.850 bis 7.700 Euro. In zwei Fällen wurden 100 Tagessätze zu je 40 Euro festgelegt, in den anderen beiden 110 zu 35 Euro und 70 Euro. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Eine mögliche Revision würde am Oberlandesgericht verhandelt.
Von Moritz Baumann, dpa