Für ihr mutiges Eingreifen bei der Messerattacke im Juni am Barbarossaplatz in Würzburg wurden fünf Helfer ausgezeichnet
Mit ihrem mutigen Eingreifen während der Messerattacke von Würzburg im vergangenen Juni haben fünf Menschen vermutlich Schlimmeres verhindert – nun hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Helfer für ihre Zivilcourage ausgezeichnet. Söder nannte die Geehrten einen „Lichtstrahl der Hoffnung“. Sie hätten verhindert, dass es noch mehr Opfer gebe, sagte er am Montag in München.
Bei der Messerattacke am 25. Juni in der Würzburger Innenstadt starben drei Menschen, viele weitere wurden verletzt. Der Täter ist laut den beauftragten Sachverständigen schuldunfähig. Warum er ihm offensichtlich unbekannte Menschen angriff, ist weiter unklar.
Bayerische Rettungsmedaille für die Helfer von Würzburg
Einer der Geehrten ist Ahmed Hirsi Mohamed. Er sah den mit einem Messer bewaffneten Angreifer eigenen Angaben nach zuerst. Er habe auf den Bus gewartet, sagte der 19-Jährige, als er den Täter entdeckte. So wie der Angreifer stammt auch er aus Somalia und versuchte, den aufgebrachten Mann in der Landessprache zu beruhigen. Rassistische Gedanken möchte er entschieden bekämpfen: „Ich komme aus Somalia und ich will anderen Leuten helfen.“
Für ihren unerschrockenen Einsatz in Würzburg bekamen auch Peter Thoma-Vogt, Chia Rabiei und Hossein Moradi die Bayerische Rettungsmedaille. Sie wird verliehen, wenn Menschen Andere unter Einsatz ihres eigenen Lebens retten. Gemeinsam mit Mohamed hatten sie versucht, auf den Täter einzuwirken und verhinderten womöglich eine noch größere Tragödie.
Christophorus-Medaille für Zivilcourage
Jens Kleefeld war an dem Tag für die Hochzeit eines Freundes nach Würzburg gereist, als er unmittelbar zum Zeugen der Messerattacke und zum Helfer wurde. „Ich war gerade in einem Call und musste dann wirklich auflegen, weil vor mir eine Frau erstochen wurde.“ Wenige Augenblicke später sah er einen Verletzten und leistete Erste Hilfe, während der Täter seinen Weg in die Innenstadt fortsetzte. Für seine Zivilcourage bekam Kleefeld die Christophorus-Medaille überreicht. „Wir funktionieren nur als Gesellschaft und da muss man auch für andere Leute einstehen“, meinte der 28-Jährige mit Blick auf die Geschehnisse des 25. Juni. „Ich hoffe, man würde das auch für mich tun.“
Insgesamt ehrte Söder am Montag 24 Personen mit der Rettungsmedaille und 30 Personen mit der Christophorus-Medaille für besonders schwierige Umstände bei der Rettungstat. Sie alle hatten Menschen in lebensbedrohlichen Lagen geholfen, etwa bei Unfällen oder Bränden. „Ein herzliches Dankeschön und meinen ganz persönlichen Respekt“, schloss Söder seine Rede. (dpa/lby)
Täter kommt wohl in die Psychiatrie
Der Würzburger Messerstecher war bei seiner Attacke auf Passanten Ende Juni nach psychiatrischer Einschätzung schuldunfähig. Die beiden im Ermittlungsverfahren beauftragten Sachverständigen kämen unabhängig voneinander jeweils zu diesem Ergebnis, teilten das Bayerische Landeskriminalamt und die Generalstaatsanwaltschaft München mit.
Was genau den Somalier zu dem Angriff auf ihm offensichtlich unbekannte Menschen trieb, ist allerdings weiter unklar. Befürchtungen kurz nach der Tat, der Flüchtling habe aus terroristischen Gründen oder religiösen Überzeugungen gehandelt, bestätigten sich bisher nicht. Hinweise auf Mitwisser oder Mittäter sowie auf einen extremistischen Hintergrund gebe es weiterhin nicht, teilten die Ermittler mit. Drogen oder Alkohol hatte der Somalier laut toxikologischem Gutachten nicht eingenommen.
Dauerhafte Unterbringung in geschlossener Abteilung
Mit dem neuerlichen Gutachten spricht nun vieles dafür, dass es gegen den 32-Jährigen ein sogenanntes Sicherungsverfahren – wahrscheinlich vor dem Landgericht Würzburg – geben wird. Bei solchen Verfahren geht es um die Unterbringung eines Beschuldigten in einer Psychiatrie. Die Staatsanwaltschaft schreibt dafür auch keine Anklage wie in normalen Strafverfahren, sondern eine Antragsschrift: Bis Ende des Jahres wolle die Generalstaatsanwaltschaft München die dauerhafte Unterbringung in einer geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses beantragen, teilten die Ermittler am Freitag mit.
Der Beschuldigte bleibt bei diesem Vorgehen Beschuldigter und wird nicht zum Angeklagten. Dennoch gibt es eine Verhandlung vor Gericht – in diesem Fall wohl vor einer Schwurgerichtskammer.
„Schuldunfähig bedeutet nicht unschuldig“
Die Ermittler betonten, die Einschätzung als schuldunfähig bedeute nicht, dass es Zweifel an der Täterschaft des Mannes gebe oder er unschuldig sei. Er war am 30. September vernommen worden und hatte dabei den Tatablauf detailliert geschildert. Weitere Angaben zu den Aussagen machten die Ermittler zunächst nicht.
Erwiesen ist, dass der Migrant am 25. Juni in Würzburg auf ihm offensichtlich unbekannte Menschen eingestochen hat. Drei Frauen starben, fünf Menschen wurden lebensgefährlich verletzt. Zudem gab es vier Leichtverletzte. Die Ermittler hatten auf Basis eines ersten psychiatrischen Gutachtens am 20. Juli bereits mitgeteilt, dass der Mann zur Tatzeit möglicherweise schuldunfähig war.
Beschuldigte „hat Messerattacke bedauert“
Der Beschuldigte ist seit Monaten in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. „Er macht mittlerweile einen guten Eindruck, ist psychisch gefestigt“, sagte sein Rechtsanwalt Hanjo Schrepfer der Deutschen Presse-Agentur. „Er ist medikamentös gut eingestellt.“ In seiner Vernehmung vor wenigen Wochen habe er die Messerattacke bedauert.
Zeugen wollen während des Messerangriffs zweimal den Ausruf „Allahu Akbar“ („Gott ist groß“) gehört haben. Dschihadisten und Salafisten benutzen den Ausdruck oft wie einen Schlachtruf. Damit kapern die Extremisten die zentrale religiöse Formel des Islams, die seit Jahrhunderten von Muslimen weltweit benutzt wird.
Zudem soll der später mit einem Polizeischuss gestoppte Flüchtling im Krankenhaus einen Hinweis auf den Dschihad – also den „Heiligen Krieg“ – gegeben haben. Daher hielten es die Ermittler bisher für naheliegend, dass der Mann islamistisch motiviert gewesen sein könnte. Das Motiv ist aber weiter unbekannt. Beweise, dass der Somalier in eine Terrororganisation eingebunden gewesen ist, gibt es bisher nicht.
Somalier mehrmals wegen psychischer Probleme aufgefallen
Anfangs waren die Ermittler davon ausgegangen, dass der Verdächtige 24 Jahre alt ist, weil er bei seiner Einreise nach Deutschland 1997 als Geburtsjahr angegeben hatte. Bei einer ärztlichen Untersuchung Mitte Juli sprach er den Ermittlern zufolge dann von 1989 als Geburtsjahr.
Der Somalier wurde 2015 in Deutschland erstmals registriert. Seither war er mehrmals wegen psychischer Probleme aufgefallen. Vor der Tat hatten die Behörden nach eigenen Angaben aber keine Hinweise darauf, dass der Mann andere Menschen gefährden könnte. Vor dem Angriff lebte der Täter in einer Obdachlosenunterkunft in Würzburg. (dpa)