Landwirte wollen Aus für Agrardiesel nicht kampflos hinnehmen – Demos und Proteste ab 8. Januar angekündigt
Traktoren, soweit das Auge reicht. Transparente, auf denen „Finger weg vom Agrardiesel“, „Grüne Wiesen, Vieh und Felder opfert ihr für Steuergelder“ oder „Die Ampel muss weg.“ Dicht an dicht stehen Traktoren auf der Straße des 17. Juni, eine Wagenladung Mist landet auf der Fahrbahn. Der Bauernverband kündigt weitere Aktionen der Landwirte gegen das Agrardiesel-Aus ab dem 8. Januar an – „in einer Art und Weise, wie es das Land noch nicht erlebt hat.“
Mit empörten Protesten und einer langen Treckerkolonne haben Landwirte in Berlin Front gegen ein vorgesehenes Aus für Steuervergünstigungen gemacht. „Wir nehmen das nicht hin“, rief Bauernpräsident Joachim Rukwied bei einer Kundgebung am Brandenburger Tor. 10.000 Bäuerinnen und Bauern und 3.000 Traktoren aus allen Regionen Deutschlands hatten sich versammelt, um ihrer Empörung Ausdruck zu verleihen.
Den Ärger ausgelöst haben Sparpläne der Regierung für den Bundeshaushalt 2024. Die Landwirtschaft steht da gleich doppelt im Visier: Wegfallen soll die Regelung, dass sich Betriebe die Energiesteuer für Diesel teilweise zurückerstatten lassen können – mit einer Vergütung von 21,48 Cent pro Liter. Und wegfallen soll auch noch, dass land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge von der Kfz-Steuer befreit sind.
Um so viel Geld pro Betrieb geht es
Doch um wie viel Geld geht es für einen typischen Milchviehhalter oder Ackerbauern überhaupt? Der Agrarbericht 2023 der Bundesregierung zeigt, welche Summen für die Landwirte auf dem Spiel stehen. Besonders betroffen wären Ackerbaubetriebe, die für die Bewirtschaftung ihrer Flächen viel Dieselkraftstoff einsetzen müssen. Aber auch in einem Milchviehbetrieb wird einiges an Diesel verbraucht, beispielsweise für die Futtergewinnung oder den Futtermischwagen.
- Landwirte protestieren gegen Streichungen beim Agrardiesel: Der Bezirkspräsident des Bayerischen Bauernverbands Stefan Köhler im wob-Interview
Für einen durchschnittlichen Haupterwerbsbetrieb war die Erstattung von 21,48 Cent/l Diesel im Wirtschaftsjahr 2020/21 insgesamt 2.883 Euro wert. Die höchste Steuererstattung erhielten 2020/21 Haupterwerbsbetriebe in Mecklenburg-Vorpommern mit durchschnittlich 7.077 Euro je Unternehmen. Ein bayerischer Haupterwerbsbetrieb kam hingegen nur auf 2.279 Euro. Denn im Freistaat dominieren flächenmäßig kleinere Familienbetriebe, bei deren Bewirtschaftung weniger Diesel verbraucht wird als in Großbetrieben. Besonders gering fällt daher die Erstattung im Gartenbau (durchschnittlich 935 Euro pro Betrieb) und im Weinbau aus (746 Euro). Wer dagegen viel Diesel verbraucht, zahlt umso mehr Energiesteuer und erhält einen entsprechend höheren Betrag erstattet (Quelle: agrarheute.com).
Agrardiesel & Kfz-Steuer: So geht’s im Januar weiter
Die Landwirte fordern, dass die Regierung ihre Einsparpläne beim Agrardiesel und der Kfz-Steuer zurücknimmt. Wie der Bayerische Bauernverband auf seiner Webseite mitteilt, startet am 8. Januar eine deutschlandweite Aktionswoche. In Bayern wird zum Auftakt am 8. Januar eine Demo mit Kundgebung in München stattfinden. Am 10. Januar folgt eine Kundgebung in Augsburg, am 12. Januar in Nürnberg. Zusätzlich sind Aktionen „in weiteren großen Städten in Bayern und ganz Deutschland“ geplant. „Am 15. Januar sind wir dann zum Start der Bundestagsberatungen wieder in Berlin“, so der Verband.
Bauernpräsident Rukwied attackiert die Bundesregierung scharf. Mit den Plänen würde die Branche pro Jahr mit einer Milliarde Euro zusätzlich belastet. „Das ist eine Kampfansage.“ Und die Landwirte nähmen sie an.
Die Ampel müsse die „unzumutbaren Vorschläge“ komplett zurücknehmen, forderte der Bauernpräsident und ließ schon einmal anklingen, dass es andernfalls einen „sehr heißen Januar“ geben könne. „Dann werden wir ab 8. Januar überall präsent sein in einer Art und Weise, wie es das Land noch nicht erlebt hat.“
Auch andere Berufsgruppen wie das Transportgewerbe oder die Gastronomie würden zu den Bauern aufschließen. Nötig sei eine anders ausgerichtete Regierungspolitik. Wenn das nicht komme, „dann brauchen wir einen Regierungswechsel.“
Kein Steuergeld „in anderen Ländern verschenken“
Der Bauernpräsident wurde grundsätzlich und rief zu „einer Neuausrichtung der Politik“ auf. „Das Steuergeld muss vorrangig dafür verwendet werden, dass Deutschland eine Zukunft hat.“ Wirtschafstminister Robert Habeck solle auch Außenministerin Annalena Baerbock empfehlen, „dass sie nicht weiterhin deutsches Steuergeld in anderen Ländern verschenkt“.
Die Ertragslage der Landwirtschaft hatte sich nach Branchenangaben zuletzt verbessert. Im Ende Juni abgelaufenen Wirtschaftsjahr 2022/23 stieg der durchschnittliche Gewinn der Betriebe auf das Rekordniveau von 115.400 Euro – ein Plus von 45 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Angesichts sinkender Preise bei Getreide, Ölsaaten und Milch hatte der Bauernverband sich aber bereits vor Bekanntwerden der Ampel-Pläne pessimistisch zu den weiteren Geschäftsaussichten geäußert. (dpa/red)