„Familientreffen“ der besonderen Art: Keep It True Rising II

Fans aus Kolumbien. Foto N. Waldmann

Harte Klänge, beste Stimmung: Heavy-Metal-Festival in der Posthalle überzeugt Fans aus der ganzen Welt

Die Aussage „Beeil dich, ich will pünktlich bei ‚Satan‘ sein!“ oder den verstorbenen Vater von der Bühne herab mit den Worten „See you in hell, my friend!“ zu verabschieden, mag auf Außenstehende befremdlich wirken. Nicht so für die 2.100 aus aller Welt angereisten Heavy-Metal-Fans, die das Keep It True Rising II Festival vergangenes Wochenende in der Würzburger Posthalle besuchten.

„Bandmässig 100% besser als Wacken“, lautete das abschließende Urteil eines Fans des Keep It True Rising II. Veranstalter Oliver Weinsheimer bot vom 30. September bis 2. Oktober an drei Tagen mit 27 Bands eine einzigartige Zusammenstellung, die weltweit ihresgleichen sucht. Dieses Jahr stand ganz im Zeichen der New Wave of British Heavy Metal mit Urgesteinen wie Saxon, die ein spezielles Set zu ihrem 40-jährigen Bestehen spielten, Paul Di‘ Anno, dem ersten Sänger von Iron Maiden und Venom Inc. Deutlich merkt man, dass bei diesem Festival „von Fans für Fans“ Herzblut und nicht rein kommerzielle Interessen der Antrieb sind.

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Saxon. Foto N. Waldmann

Saxon feiert in Würzburg Start der Europatour

Der Höhepunkt des Freitags war für viele der Auftritt von Steve Grimmetts Grim Reaper. Der Sänger der Band verstarb im August diesen Jahres. Dennoch entschieden sich die Band und Veranstalter, den Auftritt durchzuziehen und mit Gastsängern – darunter Grimmetts Sohn Russel – das Leben der Metallegende zu feiern. Beim letzten und bekanntesten Song „See you in hell“ hatten einige der euphorisch mitsingenden Fans entweder alle gleichzeitig etwas im Auge oder verdrückten doch die eine oder andere Träne.

Am Samstag ließ sich Paul Di‘ Anno auch durch die Nachwirkungen einer schweren Operation nicht davon abhalten, die Bühne zu erobern und er performte seine Iron Maiden-Setlist gut gelaunt vom Rollstuhl aus.

Saxon, die Headliner des Abends, feierten in Würzburg anschließend energiegeladen den Start ihrer Europatour und überzeugten gesanglich und musikalisch auf voller Linie. Den Abschluss des Sonntags und des Festivals übernahmen Venom Inc., die Fans zurück ins Jahr 1984 zu ihrer Show im Londoner Hammersmith führten und anschließend ordnungsgemäß Instrumente und Bühnenequipment zerstörten.

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Foto N. Waldmann

Keep It True Rising: Familientreffen der Heavy Metal-Szene

Dieser kurze Anflug von Zerstörungswut sollte trotz der allgegenwärtigen harten Klänge aber der Einzige bleiben. Wie bereits im letzten Jahr waren alle drei Tage geprägt von friedlicher, familiärer Stimmung, Begeisterung für die Bands und freundlichem Miteinander.

Fans aus ganz Europa, aber auch den USA, aus Kanada, Japan, Taiwan, Brasilien, Argentinien, Kolumbien, Ecuador und Mexiko nahmen lange Wege in Kauf, um bei diesem einzigartigen Ereignis dabei zu sein. Für die Daheimgebliebenen gab es wie bereits im letzten Jahr wieder die Möglichkeit, die Auftritte per Livestream zu verfolgen. Dieser war und ist nach wie vor kostenlos und kann sich in Bezug auf Qualität und Professionalität mit den Streams des Wacken Open Air oder von Rock am Ring durchaus messen. Nahmen im letzten Jahr noch 450.00 Musikbegeisterte das Angebot von der heimischen Couch aus wahr, so waren es dieses Jahr mehr als eine Million Zuschauer.

Auffällig war zudem, dass die Fans vor Ort mehr Wert darauf legten, Erinnerungen zu machen als Fotos. Erfreulicherweise versperrten kaum Smartphones den Blick auf die Bühne und auch auf das Filmen oder Fotografieren von alkoholinduzierten Unpässlichkeiten wurde diskret verzichtet. So wundert es nicht, dass beim Verlassen der Posthalle am Sonntag ein trauriges „Ich will nicht, dass es schon vorbei ist. Endlich mal normale Leute!“ zu vernehmen war.

Positives Fazit, ungewisse Zukunft

Veranstalter Weinsheimer wendete sich zwei Tage nach Ende des Keep It True Rising II in den sozialen Medien voller Dankbarkeit an seine Crew, die Fans und Musiker. Er betont, dass er genau dorthin wollte, als er das Festival 2003 startete, und dass dieses Wochenende der bisherige Höhepunkt für ihn sei. Weinsheimer und seine Crew planen weiterhin alles dafür zu geben, um jedes Jahr das bestmögliche Festival zu gestalten.

Die Zukunft der Posthalle sieht allerdings mit Blick auf künftige Veranstaltungen ungewiss bis düster aus. Der Mietvertrag läuft nächstes Jahr aus; bisher gibt es keine vergleichbare Spielstätte in Würzburg bezüglich Größe und Erreichbarkeit. Hier gilt es für die Verantwortlichen in Würzburg dringend eine Lösung zu finden.

  • Die Metal-Szene in Würzburg. Mehr dazu hier.

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