Werner Schühler und die Straffälligenhilfe von der Christophorus-Gesellschaft in Würzburg begleitet ehemalige Strafgefangene – oft über viele Jahre hinweg
Werner Schühler von der Zentralen Beratungsstelle für Straffällige (Straffälligenhilfe) der Christophorus-Gesellschaft in Würzburg erzählt: Warum der Weg vom Knast zurück ins “normale” Leben lang und hart ist – und wie es seine Klienten trotzdem schaffen können.
Nicht mehr aus dem Polstersessel kommen. Nicht mehr aus dem Bett. Nur noch fertig sein. Diese Erfahrung liegt hinter Heinz G. aus Würzburg. „Nach dem Tod meiner Eltern bekam ich letztes Jahr im Herbst eine heftige Depression“, erzählt der 37-jährige Kraftfahrer. Dadurch landete er wieder da, wo er schon mal war – oder fast. Heinz G. wurde vor zwei Jahren aus dem Gefängnis entlassen. Da stand er dann da ohne Job, ohne Wohnung. Fing wieder bei Null an.
Der Tod der Eltern belastete Heinz G., obgleich es ihm als Kind bei ihnen nicht gut gegangen war. Heinz G. erlitt Gewalt und wurde emotional vernachlässigt. „Ich hab mich, als meine Eltern starben, in die Arbeit gestürzt“, erzählt er Werner Schühler von der Zentralen Beratungsstelle für Straffällige der Christophorus-Gesellschaft. Schühler lernte Heinz G. bereits in der JVA kennen. Dank Werner Schühler erhielt Heinz G. nach der Haftentlassung einen Platz im Betreuten Wohnen. Danach ging es erst mal aufwärts. Der junge Mann fand eine Wohnung und Arbeit. Dann kam der Zusammenbruch. Arbeit war nicht mehr möglich, und die Wohnung weg.
„Meinen Eltern war nur das Materielle wichtig“
Die Quote der Straffälligen, die es schaffen, nach der Haftentlassung ein „normales Leben“ zu führen, ist nicht sehr hoch. Viele sind nur kurze Zeit in Freiheit. Viele erleben in den Jahren nach der Entlassung ein ständiges Auf und Ab. „Aus diesem Grund endet unsere Begleitung auch nicht nach ein paar Monaten“, sagt Schühler.
Dass es so schwer ist, „normal zu leben“, hat Gründe: Menschen werden oft deshalb straffällig, weil sie psychisch belastet sind. Heinz G weiß allerdings erst heute, was mit ihm los ist. „Meinen Eltern war nur das Materielle wichtig“, erzählt er. Um Geld zu haben und vor seinen Eltern gut dazustehen, begann Heinz G., zu betrügen.
Nach seiner Haftentlassung konnte Heinz G. ein Netz von Beziehungen knüpfen. Er hält engen Kontakt zu einer Therapeutin, zu einem Pfarrer und zu Werner Schühler. Dieses Netz ist sein großes Glück. Denn dadurch wurde er nach seinem Absturz in die Depression aufgefangen.
Inzwischen geht es Heinz G. besser und er steckt voller neuer Pläne. Seinen bisherigen Beruf als Kraftfahrer hat er an den Nagel gehängt. Letztlich war es der Job gewesen, der ihn krank gemachte hatte: „Ich legte in der Woche 5.000 Kilometer zurück, meist nachts.“ Das schaffte er nur mit bis zu zehn Energy-Drinks. Bis es ihn zerriss. Nun schwebt ihm vor, Kraftverkehrsmeister zu werden.
Zum Schluss rund 800.000 Euro Schulden
Werner Schühler hat mit Männern zu tun, die Rauschgift konsumierten und deshalb mit dem Gesetz in Konflikt gerieten. Einige wurden gewalttätig, andere betrogen. Etwa zehn Männer berät der Sozialarbeiter jede Woche, außerdem begleitet er 15 Klienten im Ambulant betreuten Wohnen. Viele brauchen Unterstützung, um neue berufliche Perspektiven zu entwickeln. Viele haben Schulden. Auch Heinz G.: Bei fast 100 Gläubigern hatten sich zum Schluss rund 800.000 Euro Schulden angehäuft. Über eine Privatinsolvenz will Heinz G. den Schuldenberg abbauen. Das klappte dank des Jobs bisher gut. Im Moment hat er keine Arbeit – materiell wird es wieder verdammt eng.
Die Männer aufzufangen, ist vor allem in jenen Phasen wichtig, wenn Mutlosigkeit die Oberhand gewinnt. Ist dann niemand da, der Halt gibt, kann es leicht zum Rückfall in alte Verhaltensmuster kommen, erklärt Werner Schühler. Positiv sei im Augenblick immerhin, dass der Wohnungsmarkt ein klein wenig entspannter ist. Was daran liegt, dass viele Studenten zu ihren Eltern zurückgezogen sind.
Auch Heinz G. fand vor kurzem eine neue Wohnung. Zu Jahresbeginn war er einen Monat lang obdachlos gewesen. Keine eigene Bleibe zu haben, das möchte er nicht wieder erleben.
Was aber, wenn die neuen beruflichen Pläne im Sande verlaufen sollten? Werner Schühler spricht offen mit den Klienten der Straffälligenhilfe Würzburg über mögliche Schwierigkeiten. Das größte Problem ist wieder das Geld. 6.000 Euro kostet die Ausbildung zum Kraftverkehrsmeister. Doch Heinz G. hat sich umgetan. Es gibt von verschiedener Seite Unterstützung. Zum Beispiel durch das Meister-BaföG. Wenn er jede Fördermöglichkeit, die es gibt, tatsächlich nutzen könnte, würde er womöglich nur 1.000 Euro zahlen müssen. Das müsste doch machbar sein! Heinz G. ist im Moment sehr zuversichtlich.
Text: Christophorus Gesellschaft
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