Stadt Würzburg gedachte der Ermordung der Sinti und Roma

Von links: Bürgermeister Martin Heilig, Rita Prigmore und Roberto Paskowski. Foto Tanja Bausenwein

Bürgermeister Heilig: „Verschiedenheit als Bereicherung“

Auch in diesem Jahr, am 76. Jahrestag der Ermordung von über 4.000 Sinti und Roma, setzte die Stadt Würzburg wieder ein Zeichen. Bürgermeister Martin Heilig legte gemeinsam mit Roberto Paskowski, dem stellvertretenden bayerischen Landesvorsitzenden des Verbandes Deutscher Sinti und Roma, in einer Gedenkstunde Kränze nieder. „Wie konnte es nur so weit kommen“, fragte Bürgermeister Heilig. „Es waren Menschen wie wir, Menschen, deren Familien oft schon seit Generationen hier ansässig waren und die integriert waren, bis sie auf einmal nicht mehr dazu gehören durften.“

Die Hasspropaganda der Nationalsozialisten sei auch deshalb auf so fruchtbaren Boden gefallen, weil jahrhundertealte Vorurteile, die wenig bis gar nichts mit der Realität zu tun hatten, in der Bevölkerung tief verwurzelt und weit verbreitet waren. „Und viele Staatsdiener wirkten auch deshalb so bedenkenlos an der Verfolgung und Vernichtung der Sinti und Roma mit, weil die Kriminalisierung der so genannten Zigeuner eine lange Tradition hatte und es diskriminierende staatliche Maßnahmen schon vor 1933 gegeben hatte.“

Vorurteile haben die Jahrzehnte überdauert

Geändert hat sich in 76 Jahren tragischerweise nicht viel: In einer Untersuchung von 2014 kam zutage, dass Sinti und Roma von der Mehrheit der Gesellschaft nicht als Teil der deutschen Gesellschaft und als gleichberechtigte Bürgerinnen und Bürger wahrgenommen werden, obwohl die meisten von ihnen die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Bei einer Studie der Universität Leipzig im Jahr 2018 unterstellten gar 60 Prozent der Befragten den Sinti und Roma eine Neigung zu Kriminalität. Bürgermeister Heilig: „Diese Zahlen machen deutlich, dass antiziganistische Vorurteile und Ressentiments in der Mitte unserer Gesellschaft stark verbreitet sind. Diese Entwicklung darf uns nicht gleichgültig lassen. Jede Form von Rassismus verletzt und tötet.“

Die Kranzniederlegung sei ein sichtbares Zeichen und Appell für eine Gesellschaft, die Verschiedenheit nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung sehe. „Wir haben eine historische Verantwortung dafür, dass sich solche Verbrechen nie mehr wiederholen.“ So forderte auch die Sinteza Rita Prigmore bei der Gedenkfeier den Aufbau einer Gesellschaft ohne Diskriminierungen.

4.000 Menschen in Auschwitz ermordet

Am 2. August 1944 wurden über 4.000 Sinti und Roma- auch aus Würzburg – in den Gaskammern von Auschwitz ermordet. Die Räumung des so genannten „Zigeunerlagers“ im KZ Auschwitz-Birkenau ist Symbol für den systematischen Völkermord an den Sinti und Roma im nationalsozialsozialistischen Herrschaftsbereich, dem insgesamt etwa 500.000 Menschen zum Opfer fielen. Der 2. August ist deshalb der „Internationale Tag des Gedenkens an den Genozid an den Sinti und Roma“. 30 namentlich bekannte Würzburger Sinti wurden deportiert. Nur von vieren ist bekannt, dass sie überlebten.

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