Second-Hand-Kleidung: Oft von allererster Güte

Christel Kühnlein beim Sortieren der Kleiderspenden. Foto BRAUCHBAR/Robert Mayer

Am 31. März begann die nächste Kleidersammlung von „Brauchbar“ im Landkreis Würzburg

Teilen, heißt es, ist das neue Haben. Der Globus verkraftet es einfach nicht mehr, wenn jeder alles, was er braucht, neu kauft. Und, wenn er es nicht mehr braucht, wegwirft. Das gilt vor allem für Bekleidung. „Brauchbar“ in Würzburg setzt sich dafür ein, dass gut erhaltene Textilien weiterverwendet werden. Wer etwas im Kleiderschrank hat, das er nicht mehr benötigt, kann dies seit dem 31. März besonders unkompliziert abgeben: An diesem Tag beginnt die große Frühjahrs-Kleidersammlung von „Brauchbar“ im Landkreis Würzburg.

In einer Zeit, in der Ökoprodukte immer stärker nachgefragt werden, wächst auch das Interesse an Second-Hand. Das bestätigt Christel Kühnlein, Arbeitsanleiterin in den „Brauchbar“-Filialen „Hatwas“ in Ochsenfurt sowie „Pfundgrube“ in Würzburg. „Gerade Familien mit kleinen Kindern freuen sich unwahrscheinlich über unser Angebot, viele nehmen nicht selten einen ganzen Einkaufswagen voll Kleidung mit“, schildert die Einzelhandelskauffrau. Die Kleidersammlungen von „Brauchbar“ im Frühjahr und im Herbst sind laut Kühnlein für die Filialen äußerst wichtig um ein ansprechendes Sortiment anbieten zu können.

Zwölf Sammeltouren im Landkreis

Menschen, die keinen Platz mehr für neue Klamotten im Kleiderschank haben, will „Brauchbar“ mit seinen Sammlungen den Impuls geben, mal wieder auszumisten. Viele Bürger im Landkreis, wo in den kommenden Wochen insgesamt zwölf Sammeltouren gefahren werden, greifen diesen Impuls dankbar auf. „Wir sammeln im Herbst und im Frühjahr jeweils mehrere Tonnen an gebrauchter Bekleidung und Textilien ein“, berichtet „Brauchbar“-Geschäftsführer Thomas Johannes. Die Touren beginnen dieses Mal in Unterpleichfeld, Oberpleichfeld und Bergtheim inklusive der jeweiligen Ortsteile.

Nur gut Erhaltenes in die Kleidersäcke

Erfreulicherweise ist die Quote der tatsächlich gut erhaltenen Kleiderspenden bei den Sammelaktionen des Sozial- und Umweltunternehmens erfreulich hoch. Normalerweise sind meist nur 20 Prozent der Spenden aus Kleidersammlungen direkt für den Weiterverkauf im Secondhandhandel verwendbar. Bei der „Brauchbar“-Kleidersammlung im Landkreis Würzburg liegt der Anteil meist doppelt so hoch. Immer mehr Bürger wissen, was Sinn und Zweck der Sammlung ist, und bemühen sich entsprechend, wirklich nur gut Erhaltenes in die Kleidersäcke zu geben. „Manchmal riecht man es beim Aufmachen, dass die Kleidung extra für uns nochmal gewaschen wurde“, schwärmt Christel Kühnlein.

Viele Sozialkaufhäuser organisieren keine eigenen Straßensammlungen. Sie begnügen sich meist mit Sammlungen durch Container, denn der Aufwand, Sammeltouren zu organisieren, ist groß. „Brauchbar“ nimmt diesen Aufwand nicht nur deshalb auf sich, weil ständig neue Kleiderspenden benötigt werden, erläutert Thomas Johannes: „Wir wollen auf diese Weise auch über unsere Arbeit informieren.“ Mehr als 100.000 Bürgerinnen und Bürger erfahren zum Beispiel durch Flyer während der Sammelwochen, dass „Brauchbar“ ein auf Nachhaltigkeit spezialisierter Sozialbetrieb ist, der Menschen unterstützt, die seit Jahren keine Chance auf dem regulären Arbeitsmarkt haben.

Brauchbar: Secondhandware vom Feinsten

Mancher Bürger, der noch nie zuvor Secondhandware gekauft hat, wird neugierig und begibt sich zum ersten Mal in eines der Sozialkaufhäuser von „Brauchbar“. Viele sind laut Christel Kühnlein verblüfft, was es dort alles zu finden und zu entdecken gibt. Auch sie staunt oft darüber, von welchen Kostbarkeiten sich die Menschen freiwillig trennen: „Vor kurzem zog ich zum Beispiel eine sehr gut erhaltene, schwarze Handtasche von Gucci aus einem Sack.“ Auch teure Lederjacken oder andere Markenartikel, Jeans etwa, Röcke oder Blusen, die wie neu aussehen und offenbar nur ein- oder zweimal getragen wurden, tauchen beim Sortieren auf.

Die Corona-Krise hat bestimmte Gruppen in der Bevölkerung besonders hart getroffen. Dazu gehören jene Menschen, die aufgrund von Schicksalsschlägen, körperlicher oder psychischer Leiden oder auch wegen zu geringer Bildungschancen bei „Brauchbar“ eine Beschäftigung gefunden haben. Diese Menschen kommen zum Beispiel sehr häufig nicht damit klar, dass etliche Prozesse, zum Beispiel bei den Jobcentern, digitalisiert wurden, erläutert Thomas Johannes. Nachdem aufgrund der Krise nun auch der Wegfall sehr einfacher Arbeitsplätze droht, schweben diese Menschen in der Gefahr, noch stärker als bisher von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen und abgehängt zu werden.

„Ökologie“ und „Soziales“ Hand in Hand

Bei „Brauchbar“ überschneiden sich die beiden Themenkreise „Ökologie“ und „Soziales“. Dass diese beiden Themen dringend zusammengedacht werden müssen, wird angesichts explodierender Preise durch den kriegerischen Konflikt in der Ukraine, aber auch durch Ökosteuern immer deutlicher. Sorgen bereitet Johannes vor diesem Hintergrund, dass es aufgrund der Finanznot trotz tendenziell steigender Arbeitslosigkeit in der Region weniger geförderte Beschäftigungsmöglichkeiten als bisher gibt.

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