Digitalministerin Judith Gerlach zu Besuch beim Unternehmen Infosim in Würzburg: Warum wir Digitalisierung selbst gestalten müssen – Künstliche Intelligenz made in Bayern
Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach (CSU) stellte den „Digitalplan Bayern: Zukunftsstrategie für unsere Heimat“ vor. Insgesamt investiert die Staatsregierung allein in diesem Jahr rund eine halbe Milliarde Euro, um mehr als 100 neue Stellen und die Grundlagen für eine neue und offene Datenkultur sowie für Technologieoffenheit zu schaffen. Beim Besuch in Würzburg diskutierten Gerlach und zahlreiche Gäste darüber, wie Digitalisierung und Künstliche Intelligenz Bayern verändern.
Beim Würzburger Unternehmen Infosim, das 2003 als Startup gegründet wurde und heute weltweit IT-Lösungen anbietet, diskutierte Gerlach mit Fachleuten, Politikern und interessierten Bürgern über Bayerns digitale Zukunft.
Die Kollegen arbeiten im Homeoffice und sehen sich nur zur Videokonferenz. Wir treffen uns online mit Freunden, machen die Steuern elektronisch. Termine im Rathaus: per PC oder Smartphone.
Corona hat uns vor Augen geführt, wie wichtig Digitalisierung ist – für jeden von uns. Und wie sehr es hakt in Deutschland, nicht nur an der Infrastruktur. Genauso wichtig ist die Frage: „Was macht Digitalisierung mit unserer Gesellschaft?“
„Es muss nicht gleich die 100-prozentige Lösung sein“
In Deutschland, so Gerlach, gibt es viele kluge Köpfe. Die großen Unternehmen entstünden aber oft im Ausland, das große Geld werde anderswo gemacht. „Wir müssen dafür sorgen, dass auf gute Ideen auch gute Investitionen folgen“, sagt Gerlach.
Immer auf die perfekte Lösung warten – und niemals in die Gänge kommen? Oder einen Anfang wagen und zügig nachbessern? „Es ist okay, auch Projekte umzusetzen, die nicht bis ins Kleinste optimiert sind.“ Zögern und zaudern sei fatal im globalen Wettstreit.
Digitalisierung: „Wir sind entweder Gestalter oder Konsumenten“
Eine Digitalstrategie für Bayern – brauchen wir das überhaupt? Für Judith Gerlach ist klar: „Digitalisierung ist nicht aufzuhalten – wenn wir sie nicht gestalten, tun es andere für uns. Wenn wir keine eigenen Lösungen für die Entwicklung unserer Gesellschaft erarbeiten, werden wir auf fremde Konzepte angewiesen sein.“ Ob die dann mit unseren Werten, unseren Ideen von Freiheit, Recht, Individualismus, Datenschutz vereinbar sind? Das, so Gerlach, sei zweifelhaft.
“Hier schreibt die Künstliche Intelligenz”: Was können wir noch glauben?
Künstliche Intelligenz ist ein Werkzeug wie ein Hammer, sagt die Digitalministerin. Mit einem Hammer könne man Häuser bauen. Oder jemanden auf den Kopf schlagen.
KI verwaltet Lagerbestände, überwindet Sprachbarrieren, Chattet mit Kunden im Online-Handel. Schlägt Fernsehserien und Webseiten vor, filtert Spam aus dem Postfach. Optimiert Stromversorgungen, steuert Traktoren und Staubsaugerroboter.
KI schreibt aber auch Hasskommentare im Internet. Verbreitet Fake-News, fälscht Bilder und Videos. Stiehlt Daten, überwacht und bespitzelt. „Deshalb brauchen wir klare Regeln, was KI darf und was nicht.“ Wichtig sei, dass wir diese Regeln selbst definieren – und Innovation nicht totregulieren.
„Es muss auch eine analoge Zukunft geben“
Termine im Rathaus nach Online-Anmeldung? 49-Euro-Ticket nur digital? Das Internet-Kaufhaus verlangt ein Foto des defekten Produkts per E-Mail, sonst gibt es keinen Umtausch?
Was für viele (meist junge) Menschen kein Problem darstellt, ist für manch ältere eine unüberwindbare Hürde. „Wir dürfen nicht zulassen, dass ganze Bevölkerungsgruppen abgehängt werden“, sagt Gerlach. Ohne breite Akzeptanz könne Digitalisierung nicht gelingen. Deshalb müsse es eine vertretbare Alternative geben für jene, die nicht an ihr teilnehmen können – oder wollen.
Außerdem: Digitale Lösungen sollen das Leben einfacher machen. Was genauso kompliziert und lästig ist wie der alte Papierkram, sei zum Scheitern verurteilt.
- Das Bayerische Staatsministerium für Digitales hat auch eine Webseite.