„Young Carers“:Wenn Kinder Familienangehörige pflegen

Von links: Claudia Vollmar (leitende Schulamtsdirektorin), Evelyn Bordon-Dörr (Leiterin Allgemeiner Sozialdienst Landkreis Würzburg), Tanja Roß (Leiterin Allgemeiner Sozialdienst Stadt Würzburg), Katharina Rebhan & Lana Rebhan (Young Carer Hilfe gemeinnützige UG), Prof. Dr. Alexander Schraml (Vorstand KU), Linda Vierheilig (KU/Abteilung Senioren), Andreas Schrappe (Diplompsychologe, Leiter Evangelisches Beratungszentrum der Diakonie Würzburg) und Dr. Verena Delle Donne (Leiterin Erziehungs- und Familienberatungsstelle im Sozialdienst katholischer Frauen Würzburg e. V.). Foto Tobias Konrad (KU)

Kommunalunternehmen will mehr Aufmerksamkeit und Hilfe für die „Young Carers“

Anfang dieses Jahres hat sich das Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg (KU) einer Thematik angenommen, die in unserer Gesellschaft bislang kaum Beachtung findet. Pflegende Kinder und Jugendliche, sogenannte „Young Carers“, die innerhalb ihrer Familie eine wichtige Rolle einnehmen.

Spricht man von pflegenden Angehörigen, so richtet sich der Fokus meist auf erwachsene Frauen und Männer, die ein pflege- bzw. hilfsbedürftiges Familienmitglied unterstützen und umsorgen. Doch nicht nur Erwachsene sind in die Pflege und Betreuung von Familienangehörigen eingebunden. Pflege- und Hilfsbedürftigkeit kann durch einen Unfall, eine Erkrankung oder Behinderung in jedem Lebensabschnitt auftreten und Menschen jeden Alters betreffen.

Kranke Eltern verändern in der Familie alles

Erkrankt beispielweise eine Mutter oder ein Vater, so bringt dies viele Veränderungen für eine Familie mit sich. Kinder und Jugendliche kommen mit Themen in Kontakt, die ihnen bis dato fremd waren. Sie müssen sich womöglich vermehrt um den Haushalt kümmern, Botengänge erledigen, einkaufen gehen oder sind in die direkte Pflege ihrer Mutter, ihres Vaters, von Großeltern oder Geschwisterkindern eingebunden.

Übernehmen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren solche Aufgaben, spricht man von sogenannten Young Carers (Englisch). Sie kümmern sich regelmäßig um die Pflege oder Betreuung eines längerfristig physisch oder psychisch erkrankten, von einer Behinderung betroffenen oder an einer Sucht erkrankten Angehörigen. Dadurch entlasten und unterstützen sie die Familie in großem Maße und übernehmen somit viel Verantwortung.

„Young Carers“ erhalten noch zu wenig Unterstützung

„Die Pflegesituation kann eine Familie zusammenschweißen und auch schöne Momente schaffen. Sobald jedoch Überforderung und Überlastung eintritt, stellt dies ein Problem dar“, betont Linda Vierheilig, Pflegeberaterin beim KU.

Auch in Stadt und Landkreis Würzburg leben ca. 1.600 Young Carers (Quelle: Young Carer Hilfe gemeinnützige UG), wobei die Dunkelziffer weitaus höher sein dürfte. Sie werden von der Öffentlichkeit oft nicht wahrgenommen und erleben wenig Unterstützung.

Das KU möchte das ändern und hat in den vergangenen Monaten zwei Vernetzungstreffen initiiert. „Wir möchten im Rahmen dessen verschiedene Akteurinnen und Akteure an einen Tisch bringen, um unterschiedliche Sichtweisen zu erörtern und dem Thema mehr Aufmerksamkeit entgegenzubringen“, so Prof. Dr. Schraml, Vorstand des KU. Das letzte Treffen fand Ende Juni im Veranstaltungssaal der Main-Klinik Ochsenfurt statt.

Als Achtjährige Verantwortung übernommen

Neben wichtigen Akteurinnen und Akteuren aus Stadt und Landkreis Würzburg folgten der Einladung auch Katharina und Lana Rebhan aus Bad Königshofen. Sie bereicherte die Runde mit ihren Erfahrungswerten und Handlungsempfehlungen. Lana Rebhan ist selbst Young Carer und hat bereits im Alter von acht Jahren Verantwortung für ihren nierenkranken Vater und somit für ihre gesamte Familie übernommen. 

Ziel der Termine ist es, dass sich verschiedene Anlaufstellen in Stadt und Landkreis Würzburg vernetzen und vorhandene Ressourcen besser genutzt werden können. Überdies wurden verschiedene Herangehensweisen diskutiert, wie Young Carers in der Region in Zukunft identifiziert und unterstützt werden können. Die Region Würzburg soll für dieses wichtige Thema sensibilisiert und Informationsmaterial für pflegende Kinder und Jugendliche bereitgestellt werden, sodass diese wissen, an wen sie sich bei Bedarf mit ihren Anliegen und Fragen auf regionaler Ebene wenden können. Weitere Treffen und Termine sind in Planung.

  • Ausbildung: In der Pflege ist jeder Tag anders.

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