Wärmestube: Gefragt sind Menschen mit Einfühlungsvermögen vor allem für den Sonntagsdienst
Sie studieren auf dem Campus der Uni, arbeiten irgendwo in Würzburg in einem Betrieb, oder sind im beruflichen Ruhestand: Neun Ehrenamtliche verschiedener Couleur im Alter zwischen 20 und 80 Jahren kümmern sich um die Gäste der Würzburger Wärmestube. Weitere Ehrenamtliche werden gerade dringend gesucht. „Wir bräuchten sie besonders am Sonntag“, sagt Wärmestuben-Leiter Christian Urban. Aktuell teilen sich nur drei Freiwillige in die beiden Schichten des Sonntagsdienstes, heißt es in einer Pressemitteilung der Wärmestube.
Die Ehrenamtlichen bewirten die Gäste mit Kaffee, Tee und Gebäck. Sie reichen Besuchern, die duschen möchten, Shampoo, Handtuch und Rasierer. Sie sind ansprechbar bei Fragen und suchen, so Zeit ist, zwischendurch auch mal von sich aus das Gespräch. Klingelt es an der Türe, öffnen sie und lassen neue Gäste ein. Zumindest dann, wenn Platz ist. „Im Moment können nur neun Männer gleichzeitig bei uns sein“, sagt Leonie Starklauf. Die 24-Jährige engagiert sich seit fünf Jahren neben ihrem Studium der Zahnmedizin in der Einrichtung der ökumenischen Christophorus-Gesellschaft. An jedem zweiten Sonntag hat sie von 10 bis 13 Uhr Dienst.
Ehrenamt in der Wärmestube: Anspruchsvoll und nicht für jeden geeignet
Ohne Freiwillige würden die Hauptamtlichen mit der Arbeit gehörig in Druck geraten. „Die Organisation wäre noch schwieriger“, sagt Urban. Aufgabe der festangestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist es unter anderem, intensive Gespräche mit Gästen zu führen, die ein Anliegen haben: „Dann halten uns die Ehrenamtlichen den Rücken frei.“ Anliegen gebe es viele. Überhaupt sei die Bedürftigkeit der Besucher groß. Das wiederum mache das Ehrenamt in der Wärmestube so anspruchsvoll. Es sei daher auch nicht für jeden geeignet, sagt der Einrichtungsleiter. Vonnöten sei ein gewisses Gespür für die sehr speziellen Lebensumstände der meist wohnungslosen Klienten.
Durch ein Ehrenamt kann sich eine neue Welt auftun. Das hat Starklauf erlebt. Vor dem Studium hatte sie sich in London als Freiwillige für obdachlose Frauen engagiert. An diese Erfahrungen wollte sie, zurück in Würzburg, anknüpfen. Was sie in London gelernt hatte, half ihr vor fünf Jahren beim Einstieg in die Wärmestube. „Allerdings ist die Arbeit mit obdachlosen Männern noch mal etwas anderes als die mit Frauen“, hat die Studentin erlebt.
So gebe es durchaus Wärmestubenbesucher, die nicht eben freundlich zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind. Was jedoch nachzuvollziehen sei, so Leonie Starklauf: Viele Männer seien durch ihre extrem prekären Lebensumstände gefrustet.
Manche Besucher sind „ausgesprochen liebenswert“
Doch es gebe nicht nur jene, die bisweilen ruppig und fordernd auftreten. Einige Wärmestuben-Besucher seien ausgesprochen nett und liebenswert. Starklauf hat gelernt, mit allen gut umzugehen. Ihr wie auch den anderen langjährigen Freiwilligen bescheinigt Urban „ehrenamtliche Professionalität“. Zu dieser Professionalität gehört es auch, zu wissen, wann eine Grenze in der Interaktion mit den Besuchern erreicht ist.
Wenn man mit einer Aufgabe nicht zu Rande komme, sei das nicht schlimm. Ehrenamtliche sind niemals allein im Dienst. Immer ist ein Hauptamtlicher in der Nähe, an den man sich bei Fragen und Problemen wenden kann. Manchmal zum Beispiel, sagt Starklauf, sei die Atmosphäre in der Wärmestube etwas angespannt. Das habe sie anfangs beunruhigt, weshalb sie sich in solchen Fällen an die Hauptamtlichen gewandt habe. Inzwischen wisse sie, dass die Besucher aufgrund ihrer belastenden Lebenssituation schnell wütend werden können. Diese Wut ließen sie dann manchmal untereinander aus.
Neugier auf die Welt
Starklaufs Neugier auf die Welt treibe sie auch, Einblick zu gewinnen in Lebensbereiche, die ihr aufgrund ihrer eigenen Sozialisation fremd seien. Die in der Wärmestube gesammelten Erfahrungen kämen ihr beruflich zugute, sagt die Studentin, die, nachdem sie inzwischen im zehnten Semester ist, bereits Patienten in der Zahnklinik behandelt. „Auch zu uns kommen Leute, die nicht einfach sind“, sagt sie. Vor allem Menschen mit wenig Geld besuchen die studentische Sprechstunde: „Daneben haben wir es mit Angstpatienten zu tun.“ Selbst mit sehr anstrengenden Patienten gehe Starklauf nach eigener Auskunft dank ihres Ehrenamts souverän um.
Vielen der Männer, die in die Wärmestube kommen, sei es von der Wiege an schlecht ergangen. Fast keiner habe eine unbeschwerte Kindheit gehabt. Viele sind laut Starklauf psychisch krank. Durch die Arbeit in der Wärmestube sei der jungen Frau noch mal bewusster geworden, wie unendlich viel Glück sie in ihrem Leben hatte: „Ich habe eine wunderbare Familie und gute Freunde.“ Aus Dankbarkeit dafür engagiere sie sich in der Einrichtung der Christophorus-Gesellschaft. Sie bleibe bei der Stange, auch wenn es zwischendurch schwierig sei: „Gerade in diesen Momenten muss man wissen, warum man das Ehrenamt macht.“ (POW)
- Hier finden Sie mehr Informationen zur Würzburger Wärmestube.
- Das Gesundheitsprojekt der Würzburger Wärmestube