Tiergestützte Intervention: Lisa lernt wieder zu lächeln

Auf dem tiergestützten Hof der Ev. Jugendhilfe lernen junge Menschen, einfühlsam mit Tieren umzugehen. Foto Jürgen Keller

Fachtagung über Tiergestützte Intervention in Würzburg: „Auf dem Hof erleben die Kinder eine konfliktfreie Zeit”

Auf dem tiergestützten Hof der Evangelischen Jugendhilfe im Würzburger Stadtteil Oberdürrbach ist täglich etwas los. Und zwar bei Wind und Wetter. Verschiedene Gruppen von jeweils sechs bis acht Kindern zwischen 6 und 18 Jahren, die in den Einrichtungen der Jugendhilfe leben, lernen hier, wie man gut mit Hunden, Katzen, Pferden, Kaninchen und Hühnern umgeht. Sie lernen gleichzeitig einen besseren Umgang mit anderen Kindern. Und mit sich selbst.

Tiergestützte Arbeit hat in der Ev. Jugendhilfe einen hohen Stellenwert. Fachleute wissen aus jahrelanger Erfahrung, welche positiven Effekte Tiere auf Kinder mit Verhaltensstörungen und psychischen Problemen haben. Vor kurzem fand die Fachtagung „Kind & Natur“ in der Umweltstation statt. Die wird von der Ev. Jugendhilfe zusammen mit der Regionalgruppe Bayern des Bundesverbands „Tiergestützte Intervention“ organisiert.

Kein Fauchen und kein nervöses Gackern

Margit Dittrich liebt Tiere. Faszinierend ist es, auf dem Hof zu sehen, wie sie zu ihr kommen, wenn sie ruft. Nicht nur die Hunde und die Katzen. Auch die Hühner sausen auf Zuruf zu ihr hin. Hund und Katze, Pferd und Huhn finden auf dem Hof völlig konfliktfrei zusammen. Sind sie in der Gruppe versammelt, gibt es kein Fauchen und kein nervöses Gackern. So, findet Margit Dittrich, sollte es idealerweise auch unter Menschen sein.

„Auf dem Hof erleben die Kinder eine konfliktfreie Zeit”, bestätigt Anna Neisinger. Sie bietet dienstags und mittwochs Gruppen mit Pferden an. „Pferde mit Angie“ heißt eine. Angie, erklärt die Expertin für heilpädagogisches Reiten, ist der Schutzengel der Pferde: „Wir in der Gruppe leihen dem Schutzengel unsere Hände.“ Die Kinder lernen zum Beispiel, die Methode „Tellington Touch“ anzuwenden. Hyperaktive Kids werden dadurch ruhiger. Jedes Kind lernt auf dem Hof etwas anderes. Je nachdem, welche Probleme es hat. Die Kinder selbst haben meist eine Idee, womit sie sich auseinandersetzen wollen. Manchmal kommt aber auch der Impuls von Margit Dittrich oder Anna Neisinger.

Mädchen gibt sich Noten fürs Lächeln

Margit Dittrich fiel unlängst zum Beispiel auf, dass Lisa während der Stunden auf dem Hof nie lächelte. Das erwähnte sie ihr gegenüber. Die Neunjährige staunte. Sie hatte dies bisher nicht registriert und wollte das ändern. Am Ende jeder Einheit auf dem Hof gab sich das Mädchen in Bezug auf ihr Lächeln Noten von eins bis sechs. Am Anfang musste sie sich noch eine Vier erteilen. Nach nur drei Wochen war sie bei einer „Zwei“ angelangt: Lisa hatte das Lächeln gelernt!

Die Würzburger Fachtagung ist insofern von Bedeutung, als es nicht mehr viele Präsenzveranstaltung zu tiergestützter Intervention gibt. Durch die Corona-Krise wurde auch hier viel ins Internet verlagert. Doch gerade bei der tiergestützten Arbeit ist es wichtig, praktische Erfahrungen zu sammeln.

Die Fortbildung dient der Professionalisierung im Bereich der tiergestützten Intervention. Hier ist laut Margit Dittrich einiges noch kritisch zu sehen. Nachdem der positive Effekt von Tieren auf Kinder mit Problemen im Sozialverhalten oder psychischen Erkrankungen wie ADHS, Depressionen oder Autismus inzwischen weithin bekannt ist, schaffen sich immer mehr Einrichtungen Tiere an. „Doch mit der Anschaffung ist es nicht getan. Es braucht ein Konzept, um zu gewährleisten, dass es immer jemanden gibt, der sich um die Tiere kümmert. Auch ist es wichtig, sachkundig mit Tieren umzugehen.“

  • Zur Webseite der Evangelischen Jugendhilfe in Würzburg: Klick hier.

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