Landtagswahl: Der Kandidaten-Check

Fünf Fragen zur Landtagswahl an fünf Direktkandidaten im Wahlkreis Würzburg-Stadt: Wofür stehen Tobias Dutta (FDP), Sven Baumeister (Freie Wähler), Andrea Behr (CSU), Alexander Kolbow (SPD) und Patrick Friedl (Grüne)?

Wenige Tage vor der Landtagswahl in Bayern am 8. Oktober hat wob – Würzburgs Wochenzeitung den Direktkandidaten im Wahlkreis Würzburg-Stadt der Grünen, der Freien Wähler, FDP, SPD und CSU fünf Fragen gestellt: Lesen Sie hier den wob-Kandidaten-Check.

Was ist Ihrer Meinung nach die größte Herausforderung, vor der Bayern in fünf Jahren steht – und wie kann sie bewältigt werden?

Patrick Friedl: Bayern muss sich konsequent den Herausforderungen von zunehmender Erderhitzung, Klimakrise, wachsender Wasserarmut, bedrohter Artenvielfalt und häufigeren Extremwetterlagen stellen. Der Erhalt unserer Lebensgrundlagen ist DIE Aufgabe unserer Generation. Dazu bedarf es politischer Weichenstellungen zur wirksamen Finanzierung von Klimaschutz, Wasserschutz, Klimaanpassung, Hitze- und Starkregenvorsorge, Agrar- und Verkehrswende. Entscheidend wird die Bereitschaft der Bevölkerungsmehrheit sein, diese notwendige große Transformation engagiert mitzumachen.

Andrea Behr: Der leistungsfähige Wirtschaftsstandort Bayern ist die Basis, um die größte langfristige Herausforderung, den Klimawandel, und den Erhalt des Sozialstaats anzugehen. Dies wollen wir erreichen durch Stärkung des Handwerks und des Mittelstands, durch Sicherung der Energieversorgung, Abbau von Bürokratie, und durch die Hightech Agenda Bayern: Dazu gehören Spitzenforschung, Technologietransferzentren, Investitionen in KI und Supertech- und natürlich die Attraktivität des Freistaats für Fachkräfte.

Alexander Kolbow: Unsere Arbeitswelt steht vor großen Herausforderungen: Fachkräftemangel, Digitalisierung, Ausstieg aus fossilen Energieträgern. Hierzu ist Weiterbildung überall nötig – auch mit einem Berufsabschluss hat niemand ausgelernt. Seit Jahren kämpfen wir deshalb für ein Bildungsfreistellungsgesetz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Außerdem fordern wir die Einrichtung eines Transformationsfonds, um mittelständische Betriebe bei der Weiterbildung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu entlasten.

Sven Baumeister: Die schulische Bildung so weiterzuentwickeln, dass auch künftig die Schülerinnern und Schüler mit Erfolg ins Berufsleben starten bzw. sich dort behaupten können. Dazu ist es notwendig, dass die Lehrerausbildung an die aktuellen Herausforderungen angepasst wird und auch die Schüler durch entsprechende Unterrichtsinhalte zur Bewältigung der anstehenden Aufgaben befähigt werden.

Tobias Dutta: Bereits jetzt sind die Kommunen mit der derzeitigen Migrationspolitik überfordert. Wir müssen endlich ein Gleichgewicht zwischen „Integration fördern und fordern“ wiederherstellen, damit eine qualifizierte Einwanderung in den Arbeitsmarkt stattfindet und der Fachkräftemangel bekämpft werden kann. Gleichzeitig müssen wir die Asylverfahren beschleunigen und in abgelehnten Fällen schneller abschieben.

Warum ist gerade Ihre Partei dazu befähigt, diese Herausforderung anzunehmen?

Patrick Friedl: Bündnis 90/Die Grünen arbeiten von Beginn an, als Bundespartei seit Januar 1980, an den politischen und praktischen Lösungen, wie wir Natur und Umwelt wirkungsvoll schützen und unsere Lebensgrundlagen erhalten können. Dabei haben wir viel Wissen und Erfahrung gewonnen auf allen politischen Ebenen, kommunal, in den Bezirken, in den Ländern, im Bund und auf europäischer Ebene. Heute regieren wir im Bund und aktuell in elf Bundesländern mit. Wir sind mit unserem Regierungsprogramm und unserer 38-köpfigen Landtagsfraktion gut vorbereitet, um endlich auch in Bayern mitzuregieren.

Andrea Behr: Das hat die CSU durch ihre Regierungsarbeit bereits bewiesen. Wir sind das erste und einzige Bundesland mit einer kostenlosen Meisterausbildung. Wir haben die meisten Industriearbeitsplätze und die geringste Jugendarbeitslosenquote in Deutschland und investieren Rekordsummen in Forschung und Lehre. Wir setzen ideologiefrei die besten Rahmenbedingungen, damit Bayern sicher, sozial und solide bleibt. Über 90 Prozent der Menschen leben gerne in Bayern, so soll es bleiben.

Alexander Kolbow: Die SPD steht ohne Wenn und Aber für gute Arbeitsbedingungen, faire Löhne und gute Bildung. Dabei bringen wir die Unternehmen sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an einen Tisch. Die Beteiligung der Gewerkschaften ist für uns selbstverständlich. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse akzeptieren wir nicht. Deshalb hat die SPD auf Bundesebene den gesetzlichen Mindestlohn eingeführt und angehoben. Auf Landesebene machen wir uns für ein Tariftreue- und Vergabegesetz stark.

Sven Baumeister: Weil meine Partei gerade in den vergangenen fünf Jahren wesentliche Schritte in Richtung Verbesserung der Bildung angegangen ist. Die Schaffung von gut 6.000 neuen Lehrer- sowie über 400 zusätzlichen Verwaltungsstellen waren wichtige Meilensteine. Darüber hinaus wurden rund 70.000 Klassenzimmer digital ausgestattet. Auf diese Zahlen kann man stolz sein – darf sich aber nicht ausruhen, sondern muss weiter daran arbeiten. Zudem haben die FREIE WÄHLER gute Verbindungen zum Mittelstand und dem Handwerk, was aus meiner Sicht auch bildungstechnisch von großer Bedeutung ist.

Tobias Dutta: Wir Freie Demokraten sind die Partei der Mitte und der Vernunft. Wir denken eben nicht in Extremen. Das zeigen wir Tag für Tag in der Bundesregierung. Besonders auch beim neuen Einwanderungsgesetz, welches wir stark geprägt haben.

Welches positive Projekt der letzten Jahre würden Sie gerne beschleunigen?

Patrick Friedl: Wir brauchen möglichst schnell ein „klimaneutrales Bayern“. Die Söder-Regierung hat hierzu Ziele ins Bayerische Klimaschutzgesetz geschrieben, interessiert sich aber null für deren Umsetzung. Die entscheidenden Schritte sind eine konsequente Verkehrswende mit einer stark ausgebauten und ertüchtigen Bahn, eine wirksame Agrarwende mit einem hohen Anteil Ökolandbau, eine Wärmewende mit Nahwärmenetzen, Wärmepumpen & sanierten Gebäuden, sowie eine Energiewende mit deutlich mehr Windkraft in der Fläche, Photovoltaik auf allen geeigneten Dächern und Nutzung der Erdwärme.

Andrea Behr: In Würzburg sind es die Unikliniken. Ich bin selbst im Gesundheitswesen tätig und kann das Angebot an Spitzenmedizin und Forschung gut einschätzen. Ich verspreche, mich mit aller Kraft umfassend für alle Einrichtungen unseres Gesundheitsstandortes einzusetzen, von den geriatrischen Angeboten für unsere Senioren bis zu den Milliarden-Investitionen im Universitätsklinikum. Das Projekt läuft bis mindestens 2032 und braucht wieder eine Antreiberin und Fürsprecherin.

Alexander Kolbow: Aufgrund meines Antrags vom 31.1.2020 wurde ein Koordinierender Ausschuss von Stadt Würzburg und Landkreis Würzburg ins Leben gerufen. Dieser treibt die übergreifenden Themen, wie die Schaffung von Wohnraum und die Verzahnung des ÖPNV, voran. Auf Landesebene möchte ich mich ebenso dafür stark machen, dass Planungen nicht an der Stadtgrenze aufhören und wichtige Themen wie bezahlbarer Wohnraum sowie Verbesserung des ÖPNV schneller umgesetzt werden.

Sven Baumeister: In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche neue Kinderbetreuungsplätze geschaffen, und dennoch suchen nach wie vor viele junge Familien händeringend nach Betreuungsplätzen. Ich bin der festen Überzeugung, dass gerade dieser Bereich eine Schlüsselfunktion für viele weitere Themen besitzt und daher mit weiterem Nachdruck angegangen werden muss.

Tobias Dutta: Das 49-Euro-Ticket ist ein voller Erfolg. Ich finde es gut, dass die Staatsregierung den Vorschlag der FDP übernommen hat und das 29-Euro-Ticket für Studenten und Azubis einführt. Dennoch dürfen wir die Senioren nicht vergessen. Aus diesem Grund setze ich mich für ein 29-Euro-Ticket für Senioren ein.

Gibt es eine Entwicklung, ob sozial, wirtschaftlich oder ökologisch, die Sie besonders mit Sorge erfüllt? Wie kann dieser Entwicklung begegnet werden?

Patrick Friedl: Besondere Sorge bereitet mir die Zunahme von Hass und Hetze in den „Sozialen Medien“, in politischen Reden von Rechtsextremen bis Rechtspopulisten, die Verbreitung politischer Hetze in manchen Zeitungen, Onlinemedien und Filmbeiträgen, sowie die wachsende Bereitschaft zu Pöbeleien und Beschimpfungen auf der Straße. Wir müssen dringend mehr zusammenrücken als Gesellschaft. Lasst uns diskutieren, auch streiten, gemeinsame Lösungen suchen, an ihnen arbeiten und halten wir zusammen. Eine gute Zukunft schaffen wir nur in friedlicher, demokratischer und offener Gemeinschaft.

Andrea Behr: Die Integration der sehr hohen Anzahl an Flüchtlingen bereitet mir Sorge. Die Kommunen dürfen mit dieser Aufgabe nicht allein gelassen werden und die Solidarität muss erhalten bleiben. Ich bekomme in vielen Gesprächen die Sorge der Menschen um die Leistungsfähigkeit unserer Sozialsysteme mit. Bayern hat die höchste Erwerbstätigenquote bei Menschen mit Migrationshintergrund, weil wir Integration fordern und fördern. Wir sagen klar „Ja“ zur Hilfe, „Ja“ zur Arbeitsmigration – nur überfordern dürfen wir uns nicht.

Alexander Kolbow: Derzeit erleben wir eine immer stärker polarisierende Gesellschaft. Wir sehen zum Beispiel, dass Sozialleistungsempfänger gegen Geringverdiener ausgespielt werden. Das ist nicht mein Politikstil. Ich möchte mich für eine Politik einsetzen, die nicht spaltet. Ich will Menschen zusammenführen, ihnen zuhören und mit ihnen gemeinsam Lösungen für unsere Region erarbeiten. Gemeinsam mit gegenseitigem Respekt geht Politik besser.

Sven Baumeister: Es erfüllt mich mit Sorge, dass viele junge Menschen die duale Ausbildung – gerade auch im Bereich des Handwerks – nicht mehr als echte Option sehen. Getrieben von gesellschaftlichen Erwartungen meint man, dass man nur noch mit einem abgeschlossenen Studium „etwas wert“ ist. Das ist umso schlimmer, da viele Schülerinnen und Schüler womöglich gerade im Rahmen einer Ausbildung ihre Fähigkeiten voll ausleben und auch erfolgreich – ja am Ende sogar glücklich – sein könnten. Die Gesellschaft als Ganzes muss daher für die nicht universitären Berufe wieder mehr Wertschätzung aufbringen und den jungen Menschen Zuspruch zukommen lassen.

Tobias Dutta: Unser Mittelstand und der Einzelhandel sind in Gefahr. Und obwohl unsere Wirtschaft das Rückgrat der Gesellschaft ist, legen wir ihr immer wieder Steine in den Weg. Unternehmen kämpfen immer wieder mit großen bürokratischen Hürden. Diese müssen endlich zum großen Teil fallen. Auch sollten wir unsere mittelständischen Unternehmen steuerlich entlasten. So können wir den Wirtschaftsstandort Bayern & Deutschland und somit unsere Arbeitsplätze sichern.

Worauf Ihrer persönlichen Leistungen in den letzten Jahren sind Sie stolz? Und was würden Sie im Nachhinein anders machen?

Patrick Friedl: Mich erfüllt mit Zufriedenheit, dass ich einen Beitrag leisten konnte, Menschen zusammenzubringen, zu motivieren und gemeinsam am Ziel zu arbeiten, unseren Kindern und Enkeln eine nachhaltige Welt zu hinterlassen. Hierzu habe ich vertrauensvoll mit Menschen unterschiedlicher Partei- und Fraktionszugehörigkeiten zusammengearbeitet. Gerne wäre ich noch mehr mit Landtagskolleg*innen aus den Regierungsfraktionen im Austausch gewesen. Mein Ziel ist mit noch mehr Menschen im Landtag, in Ämtern, in Wirtschaft und Gesellschaft regelmäßig in Kontakt und im Austausch zu sein.

Andrea Behr: Ich bin stolz auf meine drei Kinder und auf meine Familie, die mir mein Engagement für mein zahnmedizinisches Projekt in Südamerika ermöglicht haben. La Familia! Genauso ist mein Praxisteam ein Teil meines Lebens, der mich trägt und unterstützt. Nur durch diesen sicheren Hintergrund habe ich die Chance bekommen, mich politisch zu engagieren.

Alexander Kolbow: Aufgrund meines Antrags vom 4. 5. 2018 hat der Würzburger Stadtrat die 30-Prozent-Quote für geförderten Wohnungsbau beschlossen. Ergebnis ist, dass zukünftig 30 Prozent aller Wohnungen in Neubauprojekten bezahlbarer Wohnraum für Menschen mit kleinem Geldbeutel werden müssen. Dieser Beschluss hat sich in den letzten Jahren als wegweisend herausgestellt. Sowohl aus positiven als auch aus negativen Erfahrungen konnte ich etwas für die Zukunft lernen. Deshalb würde ich nichts anders machen.

Sven Baumeister: Mir selbst auf die Schultern zu klopfen liegt mir nicht. Vielmehr bin ich auf meine Familie als Ganzes stolz oder auch auf meine zahlreichen Schülerinnen und Schüler, mit denen ich täglich gerne arbeite. Etwas anders machen würde ich nicht.

Tobias Dutta: Ich bin meiner Partei sehr dankbar für das große Vertrauen in mich. Wie man bei dieser Wahl erneut sehen kann, gibt es wenig junge Kandidaten. Ich bin stolz, als FDP-Landtagskandidat den Wahlkampf bestreiten zu dürfen.

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