Childhood-Haus für Würzburg

Foto Childhood Deutschland, Michael Bader

„Quantensprung für den Kinderschutz“: Das zweite Childhood-Haus in Bayern für Stadt und Landkreis Würzburg

Königin Silvia von Schweden hat Mitte Juni das erste Childhood-Haus Bayerns in München eröffnet. Geht es nach dem Wunsch von Stadt und Landkreis Würzburg, soll Würzburg das zweite Childhood-Haus Bayerns erhalten.

Das Thema Childhood ist für die Region nicht neu. Bereits im Jahr 2015 eröffnete die schwedische Königin Silvia die Fachtagung und Fund-Raising-Veranstaltung der „World Childhood Foundation“ in Würzburg. Professor Dr. Christoph Härtel, Direktor der Würzburger Kinderklinik stellte jetzt im Interkommunalen Ausschuss stadt.land.wü. im Ratssaal der Stadt Würzburg das Konzept der Childhood-Häuser in erster Lesung vor. Das Konzept wird in den nächsten Monaten in die politischen Entscheidungsprozesse in Stadtrat und Kreistag gehen.

Die Idee für Childhood-Häuser stammt aus Schweden. Im Fall sexualisierter bzw. körperlicher Gewalt an Kindern und Jugendlichen sollen die Belastungen für die Opfer minimiert werden, indem alle Institutionen und Disziplinen zu den Kindern kommen. Das gilt von der Erstversorgung der minderjährigen Opfer bis zu ihrer Vernehmung über Videotechnik.

Kinderfreundliches und geschütztes Umfeld

Es handelt sich bei Childhood-Häusern nicht um eine Unterbringung – im Gegensatz beispielsweise zu Frauenhäusern. Sondern um ein kinderfreundliches und geschütztes Umfeld, in dem Kinder und Jugendliche untersucht und befragt werden können. „Damit kann die ständige Retraumatisierung bei sich wiederholenden Befragungen vermieden werden“, erklärt Härtel.

Medizin, Psychologie, Jugendamt, Polizei und Justiz – alle beteiligten Stellen in der Aufarbeitung von Missbrauchs- und Misshandlungsfällen kommen in einem Childhood-Haus zu den Betroffenen und nicht umgekehrt. Damit bieten sie den Minderjährigen mit Gewalterfahrung eine sichere Anlaufstelle in einer kindgerechten Umgebung. Und sie stellen sicher, dass sie nicht noch weitere Male mit der erlebten Gewalt konfrontiert werden müssen.

Childhood-Haus „unbedingt erforderlich“

Auch da Missbrauchsfälle meist in privatem Bereich geschehen, wird das Childhood-Haus als ein „Quantensprung für den Kinderschutz“ angesehen, wie es Monika Kraft, stellvertretende Leiterin des städtischen Fachbereichs Jugend und Familie, formuliert. Härtel hält es in der Region für „unbedingt erforderlich“.

Childhood-Haus-Würzburg
Foto Childhood Deutschland, Michael Bader

Sollten Stadt und Landkreis Würzburg ein Childhood-Haus etablieren, würde dies im Deutschen Zentrum für Präventionsforschung und psychische Gesundheit der Uniklinik Würzburg integriert werden. Das übergreifende Case-Management soll über die Allgemeinen Sozialdienste ASD von Stadt und Landkreis personell abgedeckt werden. Die halten ohnehin eine Bereitschaft rund um die Uhr vor. Oberbürgermeister Christian Schuchardt betonte die Synergieeffekte, die bei diesem relevanten Kinderschutzthema ineinandergreifen, und die daraus resultierenden unbürokratischen, schnellen Hilfen für die betroffenen Familien.

Laut „European report on preventing child maltreatment“ der WHO sind in Europa 18 Millionen Kinder von sexuellem Missbrauch betroffen. Körperliche Misshandlung betrifft 44 Millionen Kinder, und bei psychischer Gewalt sind es 55 Millionen. Die Dunkelziffer liegt bei allen Misshandlungsfällen bei 90 Prozent. Das bedeutet: In jeder Schulklasse sitzen etwa zwei betroffene Kinder, die ihr Leben lang mit den Folgen der Gewalt zu kämpfen haben.

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