Andrea Behr: „Mir ist es eben nicht egal, wenn Kinder hungern“

Ist „sie können zur Tafel gehen“ eine Diffamierung einkommensschwacher Familien? Landtagskandidatin Andrea Behr nimmt Stellung

Die Würzburger CSU-Politikerin Andrea Behr sagte während einer Podiumsdiskussion, Kinder von Bürgergeldempfängern „können doch zur Tafel gehen“, wenn sie Hunger hätten. Das sorgte für Empörung. Wurde die Landtagskandidatin lediglich missverstanden? Jetzt nimmt Andrea Behr noch einmal Stellung.

„Nach Tagen der Reflektion und Rücksprache mit Partei, Familie, Bürgern und Betroffenen, ist es mir wichtig, noch einmal ausführlich Stellung zu meinem Statement in der Main-Post-Wahlarena zu nehmen und es in den richtigen Kontext und Zusammenhang zu setzen.

Im Laufe der Debatte sind wir auf das wichtige Thema zu sprechen gekommen, ob sich Arbeit in Deutschland noch lohnt – auch vor dem Hintergrund der geplanten Bürgergelderhöhung. Inmitten meiner Ausführung, wie eine fünfköpfige Familie mit drei jugendlichen Kindern mit Bürgergeldbezug ausgestattet ist – sie erhält 2.160 Euro netto – fiel der provozierende Zwischenruf eines Zuschauers ‚Sollen die Kinder nichts essen. Dann wird es billiger.‘

Als Politikerin, die mit den Verwaltungsprozessen bestens vertraut ist, fiel mir sofort ein, dass die Kinder selbstverständlich nicht hungern müssen, da die Familie durch den Bürgergeldbezug automatisch auch zusätzlich tafelberechtigt ist. Diesen Gedanken habe ich aus einem emotionalen Impuls heraus verkürzt wiedergegeben. Mir ist es eben nicht egal, dass Kinder hungern sollen, wie es der Zwischenrufer zynisch impliziert hat. Sondern dass eine Familie alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausschöpft, um genau das zu vermeiden.

Andrea Behr: „Tafel ist eine wichtige Stütze“

Die Tafeln sind hier eine wichtige Stütze und leisten eine herausragende Arbeit für unsere Gesellschaft. Ich selbst engagiere mich seit einem halben Jahr für die Würzburger Tafel und habe in den letzten Tagen auch mit den Menschen dort gesprochen und ihnen versichert, dass ich Ihre Arbeit nicht diskreditieren wollte, wie mir unterstellt wurde. Ich freue mich über das Verständnis und den Zuspruch, der mir dies- bezüglich von Seiten der Würzburger Tafel entgegengebracht wurde.

Worüber ich jedoch eigentlich reden möchte, ist die Tatsache, dass wir als Politiker in der Verantwortung stehen, unseren Sozialstaat finanzierbar und gerecht zu gestalten. Als Politiker haben wir die Aufgabe, Dinge ständig zu hinterfragen und wenn möglich besser zu machen. Das gilt auch beim Bürgergeld. Und hier ist mehr nicht immer besser.

Anreize, um Menschen in die Erwerbsarbeit zu bringen

Vor dem Hintergrund des gesetzlich festgeschriebenen Lohnabstandsgebots halte ich die geplante Bürgergelderhöhung für falsch. Ja, wir müssen in Not geratene Menschen auffangen und unterstützen. Gleichzeitig müssen wir sie aber auch befähigen, wieder in ein normales Erwerbsleben zurückzufinden. Gelingt uns das nicht, steht am Ende die Finanzierbarkeit unseres gesamten Sozialstaates auf dem Spiel. Die Erhöhung des Bürgergeldes ist daher ein falsches Signal.

Wir brauchen heute und in Zukunft auch Anreize, um Menschen in die Erwerbsarbeit zu bringen, damit – und hier wiederhole ich gern einen Satz aus meiner ersten Stellungnahme – die Arbeit, wie sie Tafel aktuell leistet und leisten muss, gar nicht mehr notwendig ist. Wir als Staat und Gesellschaft, und wir als CSU, wollen erreichen, dass jeder durch Arbeit ein gutes Einkommen erwirtschaften und selbst für sich sorgen kann.

Die Fragen, die ich mir aktuell unter anderem stelle, lauten:

  • Wie bringen wir Menschen am besten in Arbeit?
  • Schaffen wir genügend Anreize für Menschen, zu arbeiten?
  • Wie gelingt es uns, unseren Sozialstaat auch in Zukunft zu finanzieren?
  • Wie gehen wir mit den Steuergeldern unserer Bürger verantwortungsbewusst und gerecht um?

Das ist die politische Sachdebatte, die ich gerne ohne polemische Verkürzungen und persönliche Diskreditierungen führen möchte und der ich mich Tag für Tag gern stelle.“

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